Glaube wächst in Asien

Mongolei sendet Missionare aus

Neguri Narazun
In der gigantisch grossen Nation Mongolei (36-mal grösser als die Schweiz) finden Menschen zu Jesus – und das Land sendet selbst Missionare aus, sagt OMF-Mitarbeiterin Nergui Naranzun im Interview mit Livenet.

Nergui Naranzun, die Mongolei ist riesig, aber hier in Europa nicht so bekannt – was muss man über das Land wissen?
Nergui Naranzun:
Die Mongolei ist eine präsidentielle Vielparteien-Demokratie und 36-mal grösser als die Schweiz. Sie hat aber nur 3,4 Millionen Einwohner. Traditionell sind die Mongolen Nomaden, doch heute ist die grosse Mehrheit sesshaft. Die Hälfte der Mongolen lebt in der Hauptstadt Ulaanbaatar, die weiten Steppen sind immer weniger bevölkert. In den letzten Jahren breitete sich die Wüste stark aus und das Land leidet unter zunehmender Dürre und Überweidung durch Cashmere-Ziegen und Schafe. Gleichzeitig ist der Bergbau zum wichtigsten Wirtschaftszweig angewachsen, von dem aber nur wenige Einwohner profitieren können. Die Schere zwischen arm und reich hat sich gerade auch in den letzten Jahren wegen Covid-19 stark geweitet.

Wie sieht es bezüglich des christlichen Glaubens aus, sind die Menschen in der Mongolei offen dafür?
Bis zum 14. Jahrhundert war das Christentum in der Mongolei bekannt und verbreitet. Doch dann verschwand es von der Oberfläche und erst nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1990 begann es wieder aufzuleben. Heute gibt es wieder zwischen 100'000 und 200'000 Christen im Land. Zugleich hat der tibetische Buddhismus, eine Mischung zwischen Schamanismus und Buddhismus, stark an Einfluss gewonnen.

In der Mongolei herrscht Religionsfreiheit, auch wenn dies nicht von allen gern gesehen wird. Am 25. Mai fand in Darkhan, der zweitgrössten Stadt der Mongolei, das «Fest der Freude» statt. Die Kirchen in dieser Stadt von 120'000 Einwohnern haben zu diesem evangelistischen Anlass ins Fussballstadium eingeladen. Schätzungsweise 4'000 vorwiegend junge Leute folgten der Einladung. Am Ende der Veranstaltung haben 859 Teilnehmende ihre Kontaktdaten zurückgelassen mit dem Wunsch, Jesus besser kennen lernen zu dürfen. Diese Interessierten werden nun von Mitgliedern der verschiedenen Kirchgemeinden von Darkhan wöchentlich mindestens einmal kontaktiert. Ziel ist, dass alle im Glauben angeleitet werden und sich taufen lassen.

Was sind Ihre Haupttätigkeiten in der Mongolei?
Bis im letzten Herbst leitete ich das Mongolische Missionszentrum (MMC). Die Vision dieses Zentrums ist es, dass in allen politischen Gemeinden in der Mongolei und überall auf der Welt, wo mongolisch-stämmige Menschen leben, eine lebendige Kirche entsteht. Um dies zu erreichen haben wir zwei Standbeine. Das erste ist unsere Jüngerschaftsschule (Ausbilden). Diese führen wir nach den Vorgaben und Prinzipien von JmeM (Jugend mit einer Mission). Dort bieten wir verschiedene Kurse und Ausbildungen an. Das zweite Standbein ist unsere sendende Organisation (Senden). In Partnerschaft mit mongolischen und ausländischen Gemeinden und Organisationen senden wir fähige Mitarbeitende in unerreichte Gebiete in der Mongolei und ins Ausland, zum Beispiel nach Afghanistan, Sibirien und in andere Gegenden.

Im November haben wir die beiden Bereiche (Ausbilden und Senden) getrennt und je eine verantwortliche Person eingesetzt. Ich bin am Fragen, was Gott nun von mir will. Zwei Themenbereiche liegen mir am Herzen: Wie können wir den Mitarbeitenden weitere vertiefende Bildungsprogramme anbieten? Wie gelingt es uns, Leitungspersonen zu finden und zu fördern? Und: Wie können wir unseren Mitarbeitenden in ihrem Dienst kompetent beistehen und sie besser in ihrem Dienst begleiten?

Können Sie ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch Ihre Arbeit verändert worden sind?
Letztes Jahr konnten wir zwei etwa 40-jährigen Frauen an einen Ort in der Mongolei senden, wo noch keine christliche Gemeinde bestand. Kurz nach ihrer Ankunft kam eine gut 50-jährige Frau zu den beiden und bat um Gebet. Sie hatte grosse Angst, da sie unter immer stärkeren Herzproblemen litt. Die beiden Mitarbeiterinnen beten für sie und Gott heilte sie. Sie lernt nun Jesus besser kennen und bereitet sich auf ihre Taufe vor.

Oder ein Ehepaar mit drei Kindern hatte schon lange den Wunsch im Gemeindebau aktiv zu sein. So gingen sie auf eigene Faust ins Ausland. Nach einiger Zeit realisierten sie, dass viele Probleme, die sie hatten, daraus resultierten, dass ihnen dazu das Wissen fehlt. So kamen sie zu uns an die Jüngerschaftsschule und lernten mehr über interkulturelle Missionsarbeit. Nun arbeiten sie in einer Stadt, wo viele verschiedene Volksgruppen leben und sie freuen sich, dass Gott immer mehr Leute in seine Gegenwart zieht.

Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
Mich freut es am meisten, wenn die ausgesandten Mitarbeitenden erleben, dass Gott durch sie seine Gemeinde baut. Nicht immer ist es einfach, doch mich ermutigt es, wenn unsere Mitarbeitenden dranbleiben und nicht aufgeben, auch wenn die Umstände nicht immer einfach sind. Neben der ständigen Überwachung sind oft fehlende Gemeinschaft oder mangelnde finanzielle Unterstützung eine grosse Glaubensprüfung.

Was können wir im deutschsprachigen Europa aus Ihrer Arbeit in der Mongolei lernen?
Mir scheint, dass es in Europa noch mehr Leute brauchen könnte mit einem Feuer im Herzen für Gott. Alles ist so gut organisiert. Wo kann der Geist Gottes noch Menschen zu mutigen Taten und abenteuerlichen Einsätzen bewegen? Wir Mongolen packen vieles an – und überlegen uns vielleicht etwas zu wenig, welche Konsequenzen es haben könnte. Doch viele junge Erwachsene wagen etwas, machen ihre Erfahrungen, lernen und bleiben dran. In Europa stelle ich fest, dass man lange überlegt und alle möglichen Konsequenten abwägt. Doch dann bleibt wenig Zeit für die Umsetzung. Wo sind die jungen Wilden und wo wird ihnen den Platz für mutige Aktionen gegeben? So wünsche ich mir eine vertiefte Partnerschaft und ein gegenseitiges Lernen voneinander.

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Datum: 20.07.2023
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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