Margrit Coretti

«Hält mein Glaube, wenn es schwierig wird?»

Gott hat Margrit durch Trauer und Leid hindurch getröstet und getragen.
Zweimal musste Margrit Coretti um ein Familienmitglied trauern. Mit 14 Jahren starb ihr Sohn an Leukämie. Dann verlor sie auch ihren Ehemann viel zu früh. Beide Male erlebte Margrit, wie Gott sie tröstete und trug.

Margrit Coretti aus Ipsach war eine glückliche Ehefrau und Mutter von zwei Kindern; Tochter Silvia, heute 42, und deren zwei Jahre jüngeren Bruder Bruno. Margrit und ihr Mann Remo engagierten sich stark in der reformierten Kirche Nidau; Remo im Kirchgemeinderat, Margrit als Sonntagschullehrerin. Alles lief gut – und doch fragte sich Margrit immer wieder einmal: «Würde mein Glaube auch halten, wenn es schwierig wird?»

«Die Diagnose zog mir den Boden unter den Füssen weg»

Tatsächlich wurde die Tragfähigkeit von Margrits Glauben eines Tages auf die Probe gestellt. Ihr Sohn Bruno war gerade erst dreizehn Jahre alt, als er tagelang unter Kraftlosigkeit litt. Nachdem er eines Nachts hohes Fieber entwickelte, suchte die Familie am folgenden Morgen einen Arzt auf. Margrit erinnert sich: «Der Arzt überwies Bruno ins Kinderspital in Biel, wo sehr schnell die Diagnose gestellt wurde: Leukämie.» Sofort wurde Bruno mit der Ambulanz ins Inselspital Bern gebracht. «Das zog mir den Boden unter den Füssen weg.» Gleichzeitig fühlte Margrit, wie stärkend es war, Christen an ihrer Seite zu haben, die für sie beteten.

Auf seine erste Therapie sprach Bruno gut an. «Nach einem Jahr glaubten wir, über den Berg zu sein», fährt Margrit fort. Doch dann erlitt Bruno einen Rückfall, die Stimmung kippte. «Unser Sohn verweigerte das Essen, sprach kaum mehr – er war enttäuscht und hatte keine Kraft mehr.» Schliesslich liess sich Bruno überzeugen, eine weitere Therapie zu beginnen. Die folgenden Monate sahen erneut vielversprechend aus. «Obwohl wir mehrheitlich ambulant im Krankenhaus waren, wurde dieses zu unserem zweiten Zuhause», sagt Margrit.

Drei letzte Wünsche

Ein halbes Jahr später erklärten die Ärzte, keine Heilungschancen mehr zu sehen. Sie konnten nur noch helfen, Brunos Leiden zu minimieren. Für Margrit waren dies extrem schwierige Momente. Der Arzt fragte Bruno nach drei Dingen, die er auf dem letzten Stück seines Lebensweges noch erleben wollte. Bruno hatte tatsächlich offene Wünsche: Er wollte mit seinem Götti nach Paris reisen, mit Kollegen eine gute Zeit verbringen und sich taufen lassen. Mit Unterstützung der Ärzte konnten diese Wünsche alle erfüllt werden: einige Tage in Paris und die Teilnahme am Skilager seiner Schulklasse. An der Feier seiner Taufe wurde sogar ein Basketballturnier veranstaltet, an dem Bruno mitspielen konnte.

Margrit sagt: «Wir alle beteten für ein Wunder und dafür, dass sich die Sache für Bruno zum Guten wenden würde.» Das Wunder blieb aus. Das Ende zeichnete sich ab und Bruno wünschte sich, zu Hause sterben zu können. Seine Mutter erklärt: «Für mich war dies eine enorme Herausforderung. Ich freute mich, Bruno zu Hause zu haben, war gleichzeitig aber völlig ahnungs- und ratlos, was auf mich zukommen würde.» Zweimal täglich kam eine Pflegerin und auch der Hausarzt schaute bei Corettis jeden Tag vorbei.

«Gott trägt!»

Bruno starb am 5. Juli 1995 – im Alter von 14 Jahren. Margrit und Remo verloren ihren Sohn, Silvia ihren jüngeren Bruder. «Wir alle erlebten in dieser Zeit, dass Gott uns tröstet und trägt», erklärt Margrit. Auf ihre frühere Frage nach der Beständigkeit ihres Glaubens konnte sie jetzt antworten: «Gott trägt uns!» Dennoch musste Familie Coretti den Weg des Trauerns gehen: «Jeder ging auf seine Art mit dem Verlust und Schmerz um. Das gemeinsame Gebet hielt uns zusammen.» Seine Arbeit bot Remo die Struktur, um das Leben fortzuführen, Silvia fand Halt in ihrer Jugendgruppe, und Margrit steigerte ihr Engagement in der Kirchgemeinde. «Obwohl ich in der ersten Trauerphase seelsorgerlich begleitet wurde, nahm ich später eine zusätzliche Therapie in Anspruch», gibt Margrit offen zu. Sie hatte sich lange vorgeworfen, mit Bruno kaum über das Sterben und den Tod gesprochen zu haben. Wie entlastend war es, als sie erfuhr, dass eine gläubige Krankenschwester stundenlang mit Bruno über diese Themen geredet hatte.

Der nächste harte Schlag

Drei Jahre später wurde bei Remo ein Melanom festgestellt, ein dunkler Knoten am Oberarm. Es liess sich problemlos entfernen und auch die betroffenen Lymphknoten konnten herausoperiert werden. Die Sache schien erledigt. Im Juli 2007, entdeckte Remo erneut einen Knoten unter der Haut. Der Arzt teilte mit, es sei ein Lymphknoten, der von schwarzem Hautkrebs befallen sei. Eine Therapie folgte auf die andere, die Heilungschancen wurden diskutiert. Es war ein einziges Auf und Ab, Remo arbeitete Teilzeit. Dann ging es nur noch abwärts mit ihm.

Am 21. Mai 2009, es war Auffahrt, starb Remo – für Margrit ein unfassbar harter Schlag. Sie berichtet von den letzten Stunden ihres Mannes: «Bevor Remo starb, haben wir zusammen gebetet. Ich wusste, dass Gott bei uns war, spürte seine Nähe. Remo sagte zu mir: 'Lass mich los!' Daraufhin schlief ich ein…» Als Margrit aufwachte, war Remo gestorben. «Schmerz und Trauer waren kaum auszuhalten. Remo fehlte mir sehr – und er fehlt mir auch heute noch. Aber einsam fühlte ich mich nie!» Gott hat Margrit durch Trauer und Leid hindurch getröstet und getragen. Margrit weiss: «Ich bin nie allein. Gott sorgt für mich und weicht nicht von meiner Seite!»

Datum: 25.01.2023
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch-Print